Liebe Bürgerinnen und Bürger,
liebe Genossinnen und Genossen,
kurz vor den Herbstferien ist in dieser Woche der Landtag NRW wieder zusammen gekommen. Ich möchte Sie daher wie gewohnt über die aktuellen Themen im Landtag informieren.
Familien gestalten Zukunft – neuer Familienbericht
25 Jahre nach dem bisher letzten Familienbericht hat das nordrhein- westfälische Familienministerium nun einen neuen Bericht vorgestellt. Außer einem umfassenden empirischen Teil, der die Situation von Familien in NRW beschreibt, kommen darin auch Familien selbst zu Wort. Diese erzählen aus ihrem Alltag und zeigen auf, welche Unterstützung sie benötigen. Als erstes deutsches Flächenland haben wir Familien so tatsächlich an Politik für die Zukunft beteiligt. Denn basierend auf diesen Ergebnissen hat das SPD- geführte Ministerium Eckpunkte für die weitere Familienpolitik des Landes entwickelt. Diese runden den Bericht ab.
Der Familienbericht veranschaulicht, wie vielfältig Familien in NRW geworden sind, wie sich Rollenbilder ebenso verändert haben wie auch die Anforderungen an die einzelnen Familienmitglieder. Zudem zeigt er erfreuliche Entwicklungen auf, beispielsweise dass zahlreiche Maßnahmen für eine partnerschaftliche Aufgabenteilung in der Familie und im Beruf funktioniert: Seit dem letzten Familienbericht hat sich der Anteil der aktiv erwerbstätigen Mütter um 20,6 Prozent auf inzwischen 56,2 Prozent gesteigert. Aufgrund der ausführlichen Betrachtung der Befragten hinsichtlich zeitlicher Wünsche und Restriktionen liefert der Familienbericht eine wichtige Grundlage zur Weiterentwicklung der Familienpolitik in NRW. Wir als SPD- Landtagsfraktion werden diesen Prozess nicht nur im Parlament, sondern ebenfalls in der von uns beantragten Enquetekommission zur Zukunft der Familienpolitik weiter vorantreiben, um Konzepte für eine passgenaue und zielgerichtete Unterstützung unserer Familien zu entwickeln.
Ein Willkommen für hier ankommende Menschen
Nordrhein- Westfalen begrüßt jede Woche Tausende Flüchtlinge. Seit Januar sind mehr als 150.000 Frauen, Männer und Kinder hier angekommen. Nordrhein- Westfalen nimmt derzeit 30 Prozent aller nach Deutschland kommenden Flüchtlinge auf – neun Prozentpunkte mehr, als es laut Königsteiner Schlüssel müsste. NRW macht das, um unter anderem Bayern zu entlasten. Das erfordert viel Engagement auf allen Seiten, vor allem von den unzähligen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern in den aufnehmenden Städten und Gemeinden.
Umso wichtiger war nun auch das klare und deutliche Signal aus Berlin vom Flüchtlingsgipfel: Bund und Länder haben sich auf ein Maßnahmenpaket zur Bewältigung der hohen Flüchtlingszahlen verständigt. Der Bund will den Ländern pro Flüchtling monatlich 670 Euro zahlen. Die Beschlüsse sind ein guter Schritt nach vorn und werden Kommunen und Ländern helfen, die großen Herausforderungen in der Flüchtlingspolitik zu bewältigen. Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist eines besonders wichtig: Wir haben den massiven Angriff von Teilen der Union auf zentrale Rechte des Asylrechts abwehren können. Die in Berlin gefundenen Lösungen sind ein tragfähiger Kompromiss.
Am Mittwoch unterrichtete die Landesregierung im Landtag über die Flüchtlingssituation in NRW.
900 Millionen Euro zusätzlich für Flüchtlinge
Am Mittwoch hat der Landtag über den dritten Nachtragshaushalt für 2015 beraten und in einem verkürzten parlamentarischen Verfahren am Donnerstag beschlossen. Mit dem Nachtragshaushalt werden gut 900 Millionen Euro für die Aufnahme, Versorgung und Integration von Flüchtlingen zusätzlich bereitgestellt. Mit dem Hilfspaket schaffen wir unter anderem die Voraussetzung, dass wir die Integration von Flüchtlingen verbessern. Dafür bringt die Landesregierung 900 Millionen Euro auf – ohne neue Kredite aufzunehmen. Die Mehrausgaben können durch Steuermehreinnahmen gedeckt werden. Von den zu erwartenden Mehrausgaben für Flüchtlinge entfallen mit 863 Millionen Euro der Löwenanteil auf das Landes- Innenministerium: 313 Millionen Euro setzt das Land für Aufnahme, Transport und Versorgung von Asylsuchenden an. Weitere 152 Millionen Euro stehen für bis zu 50.000 Unterkunftsplätze bereit. Zudem sollen mit 217 Millionen Euro die aufnehmenden Kommunen entlastet werden, indem die Pauschalzuweisungen des Landes für die zunehmende Zahl von Flüchtlingen nach einem aktuelleren Stand (Vorziehen des Stichtags) berechnet werden. Das Schulministerium kann mit 35 Millionen Euro 2.625 Lehrerstellen einrichten, um Unterricht für Flüchtlingskinder zu gewährleisten. 380 Kräfte sollen in den Bezirksregierungen ehrenamtliche Helfer bei der Betreuung der Asylsuchenden entlasten. Das Justizministerium wird mit 76 Stellen im Bereich der Verwaltungsgerichte für schnellere Asylverfahren sorgen. Insgesamt werden durch den dritten Nachtragshaushalt 3.102 Stellen geschaffen.
Drucksache 16/9800 (Gesetzentwurf Landesregierung), 16/9820 (Bericht und Beschlussempfehlung)
Kostenerstattung für Flüchtlinge neu ausgerichtet
Land und Kommunen in NRW verstehen es als ihre humanitäre Plicht, Menschen zu helfen, die vor Bürgerkrieg oder politischer Verfolgung zu uns geflohen sind. Vielerorts wird Herausragendes geleistet: Es gibt unzählige ehrenamtliche Helferinnen und Hel- fer sowie ein breites Engagement in allen Bereichen. Und die Aufnahme immer neuer Flüchtlinge kostet auch Geld. Deshalb hat die Landesregierung nun Änderungen im Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) beschlossen, die insbesondere die Anpassung des Stichtages aufgreifen, nach dem die Pauschalzuweisungen des Landes an die Kommunen berechnet werden. Bislang wurde die Zahl der aufgenommen Flüchtlinge des 1.1. des Vorjahres herangezogen. Neuer Stichtag ist nun der 1.1. des laufenden Jahres. Damit orientieren sich die Pauschalen an aktuelleren Zahlen, weshalb die Kommunen die ihnen tatsächlich entstehenden Kosten nicht mehr in bisheriger Höhe vorfinanzieren müssen. Für 2015 können die Städte und Gemeinden durch die Ände- rung mit zusätzlichen 217 Millionen Euro entlastet werden. Für 2016 könnte sich eine nochmalige Entlastung von etwa 931 Millionen Euro landesweit ergeben. Außerdem wird im neuen FlüAG die Anrechnung von Plätzen in den Erstaufnahmeeinrichtungen geändert werden, um den Kommunen einen Anreiz zu bieten, Landeseinrichtungen auf ihrem Gemeindegebiet zur Verfügung zu stellen.
Drucksache 16/9808 (Gesetzentwurf der Landesregierung), 16/9821 (Bericht und Beschlussempfehlung)
Verbesserte Teilhabe von Menschen mit Behinderung
Am Mittwoch hat der Landtag über den Entwurf eines „Ersten allgemeinen Gesetzes zur Stärkung der Sozialen Inklusion in Nordrhein- Westfalen“ beraten. Ziel ist die volle und gleichberechtigte Teilhabe der Menschen mit Behinderungen und die Beseitigung von Barrieren, die sie daran hindern. Jeder Mensch soll seine persönlichen und indivi- duellen Chancen und Möglichkeiten auf Teilhabe am gesellschaftlichen Leben bekommen. Nordrhein- Westfalen geht diesen Weg – hin zu einer inklusiven Gesellschaft – schon seit langem. Das Inklusionsstärkungsgesetz ist für uns ein weiterer wichtiger Bestandteil dieses Weges.
Ausgewählte Regelungen: Hörbeeinträchtigte Eltern haben einen Anspruch auf Gebärdendolmetscher bei Elternsprechtagen und Elternabenden in Schulen und Kindertageseinrichtungen. Sehbehinderte und Blinde können durch Wahlschablonen ihr Wahlrecht selbständig und unabhängig von fremder Hilfe wahrnehmen. Die Verbindlichkeit von Zielvereinbarungen zwischen den Verbänden der Menschen mit Behinderungen und den Trägern öffentlicher Belange soll durch die Einführung einer Begründungspflicht der öffentlichen Träger bei Abbruch der Gespräche erhöht werden. Ein neuer, moderner Behinderungsbegriff wird eingeführt. Menschen mit Lernschwierigkeiten sollen Verwaltungsmitteilungen möglichst in leicht verständlicher Sprache erläutert werden. Das selbstbestimmte Wohnen von Menschen mit Behinderungen wird gestärkt und vereinfacht durch „Hilfen aus einer Hand“. Für die Beantragung von Leistungen sind nur noch die beiden Landschaftsverbände zuständig.
Drucksache 16/9761 (Gesetzentwurf Landesregierung)
Landtag würdigt Einsatzbereitschaft der Bundeswehr
Seit Bestehen der Bundeswehr leisten die Soldatinnen und Soldaten in verschiedenen Einsätzen in und außerhalb von Deutschland und Europa unverzichtbare Dienste für Sicherheit, Frieden und Demokratie. Die Anforderungen an die Streitkräfte sowie die zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundeswehr sind dabei auch durch die große Anzahl an Auslandseinsätzen in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Der nordrhein- westfälische Landtag würdigte diesen Einsatz am Mittwoch mit einem fraktionsübergreifenden Antrag im Landtag und einer anschließenden „Parlamentarischen Begegnung mit der Bundeswehr“.
Drucksache 16/9790 (Antrag der Fraktionen von SPD, CDU, Grüne und FDP)
Faire Verteilung der Finanzhilfen für Kommunen
Über das sogenannte Kommunalinvestitionsförderungsgesetz NRW wurde am Mittwoch nochmals in der Landtagsdebatte beraten. Im Gesetz ist geregelt, dass auch finanzschwache Städte und Gemeinden das Fördergeld des Bundes für kommunale Investitionen erhalten. Nordrhein- Westfalens Kommunen bekommen vom Bund insgesamt rund 1,126 Milliarden Euro. Das ist ein Anteil an den bundesweiten Hilfen für finanzschwache Gemeinden von 32,16 Prozent und damit deutlich höher als üblich, wenn der sogenannte Königsteiner Schlüssel (etwa 21,2 Prozent) angesetzt wird. Um das Geld auch fair verteilen zu können, musste der Landtag nun das Kommunalinvestitionsförderungsgesetz anpassen. Maßgebliches Verteilungskriterium ist darin die Höhe der Schlüsselzuweisung an die Kommunen zwischen 2011 und 2015, die sich nach dem Gemeindefinanzierungsgesetz berechnet. Gefördert werden können Inves- titionen in Krankenhäuser, in den Lärmschutz an Straßen, in die Informationstechnologie zur Sicherung der Breitbandversorgung im ländlichen Raum, in Einrichtungen der frühkindlichen Infrastruktur, in energetische Sanierung kommunaler Infrastruktur insbesondere in Schulen und Weiterbildungseinrichtungen sowie in Maßnahmen des Klimaschutzes. Weitere Regelungen im Gesetzentwurf umfassen den vorgegebenen Eigenanteil von mindestens zehn Prozent der förderfähigen Kosten durch die jeweilige Kommune, die Vereinfachung des Verwendungsnachweises sowie die Verfahrensbe- schleunigung für Maßnahmen im Haushaltsjahr 2015.
Drucksache 16/9519 (Gesetzentwurf der Landesregierung), 16/9810 (Beschlussempfehlung und Bericht)
Landesplanung transparenter und schneller
Mit der am Donnerstag vorgestellten Novelle des Landesplanungsgesetzes wollen die Koalitionspartner im Landtag NRW die Verfahren der Raumordnung in NRW transparenter darstellen und vereinfachen. So sollen die planerischen Voraussetzungen für die Errichtung von „baulichen Anlagen des Bundes oder des Landes mit besonderer Zweckbindung“ wie beispielsweise Flüchtlingsunterkünfte rascher geschaffen werden. Es wird eine generelle Beteiligung der Öffentlichkeit bei Raumordnungsverfahren eingeführt. Damit geht NRW deutlich über die Vorgaben des Bundes hinaus und intensiviert die Beteiligung von Betroffenen. Außerdem sind Vorschriften für die Regionalplanung und im Kontext der Aufstellung des Landesentwicklungsplanes (LEP) anzupassen.
Drucksache 16/9809 (Gesetzentwurf Landesregierung)
Neue Prozenthürde für Kommunalwahlen in NRW
Bei Kommunalwahlen in NRW soll es künftig wieder eine Sperrklausel geben. Danach könnten Parteien oder Bündnisse erst ab der Hürde von 2,5 Prozent wieder in Räte oder Kreistage einziehen. Am Donnerstag haben dafür die Fraktionen von SPD, Grüne und CDU einen gemeinsamen Antrag in den Landtag eingebracht. Mit der neuen Regelung soll verhindert werden, dass zu viele kleine Parteien und Splittergruppen in die kommunalen Vertretungen einziehen. Dieser Schritt ist notwendig und geht auf den sehr häufig geäußerten Wunsch aus den Stadträten und Kreistagen zurück, endlich etwas gegen die Zersplitterung der Gremien zu unternehmen. Wir setzen damit ein
eindeutiges Signal: Wir lassen uns die kommunale Demokratie nicht von Splittergruppen kaputt machen. Wir sind uns sicher, dass eine Änderung der Verfassung zwar ein schwerwiegender, aber notwendiger Schritt ist.
Drucksache 16/9795 (Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD, CDU und Grüne)
Kommunales Ehrenamt weiter verbessern
In unseren Städten und Gemeinden brauchen wir Menschen, die sich in Kreistagen, Räten oder Bezirksvertretungen engagieren. Jedoch sind die Anforderungen an ehrenamtlich tätige Mandatsträgerinnen und Mandatsträger in den kommunalen politischen Gremien deutlich gestiegen. Durch die vielen Vorlagen und die zunehmende Komplexität der Entscheidungen wird auch zunehmend mehr Zeit dafür benötigt. Familie, Beruf und Ehrenamt lassen sich immer schwieriger vereinbaren. Deshalb haben die Fraktionen von SPD, CDU, Grünen und FDP am Donnerstag einen gemeinsamen Antrag in den Landtag eingebracht, der die Rahmenbedingungen für Ehrenamtliche in der Kommunalpolitik verbessert. Mit dem Antrag soll die Umsetzung der Handlungsempfehlungen der Arbeitsgruppe zur Verbesserung des kommunalen Ehrenamtes eingeleitet werden. Die von der Arbeitsgruppe mehrheitlich beschlossenen Arbeitsergebnisse sollen nun zügig in konkrete Gesetzesinitiativen und Maßnahmen umgewandelt werden. Gefordert wird insbesondere eine wissenschaftliche Untersuchung unter anderem nach weiteren Arbeitszeitmodellen und einer landesweiten Vereinheitlichung der Verdienstausfallgrenzen. Auch bei der Ausstattung der Fraktionen besteht vielerorts dringender Handlungsbedarf. Zudem soll eine einmalige deutliche Erhöhung der Aufwandsentschädigung für Ratsmitglieder und Kreistagsmitglieder sowie für Mitglieder der Bezirksvertretungen, Landschaftsversammlungen und der Verbandsversammlung des Regionalverbands Ruhr vorgenommen werden. Durch diese Maßnahmen wollen wir die Menschen unterstützen, die durch ihr ehrenamtliches kommunalpolitisches Engagement einen sehr wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft leisten und dafür neben ihren beruflichen und familiären Verpflichtungen viel Zeit und Arbeit inves- tieren müssen.
Drucksache 16/9791 (Antrag der Fraktionen von SPD, CDU, Grünen und FDP)
Mehr Schutz vor Gewalt und Diskriminierung
Menschen mit Behinderung sehen sich auch heute noch in vielen Lebensbereichen Diskriminierungen, Übergriffen und Gewalt ausgesetzt. Zwangslagen, Einschränkungen der persönlichen Freiheit und der Selbstbestimmung sowie die damit verbundenen Bedrohungen für die davon betroffenen Menschen sind vielschichtig. Bereits 2011 hatte der nordrhein- westfälische Landtag dargelegt, dass „der mehrfachen Diskriminierung von Frauen und Mädchen mit Behinderung konsequent entgegengewirkt werden muss“ und beschlossen, „umfassende Maßnahmen gegen die Diskriminierung und Gewalt an Frauen und Mädchen mit Behinderung vorzusehen“ und „bei der Aufstellung des Aktionsplans die Geschlechterperspektive einzubeziehen“. Im rot- grünen Antrag „Schutz vor Gewalt und Recht auf Unversehrtheit für Menschen mit Behinderung umfassend gewährleisten“, der am Donnerstag in das Plenum eingebracht wurde, wird die Landesregierung aufgefordert, den Schutz von Menschen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen vor Gewalt und Missbrauch weiter zu verbessern und hierbei den Zugang zu Unterstützungsangeboten zu ermöglichen sowie wirksame Maßnahmen zu erarbeiten. Die Landesregierung wird gebeten, sich drüber hinaus für eine Überarbeitung des Gewaltschutzgesetzes im Hinblick auf die Situation in stationären Einrichtungen einzusetzen und hierzu eine Bundesratsinitiative zu ergreifen.
Drucksache 16/9793 (Antrag der Fraktionen von SPD und Grüne)
Ich wünsche Ihnen schöne Herbstferien!
Viele Grüße aus Düsseldorf und bis demnächst
Ihre/eure
Inge Blask